RANKWEIL Ein warmer und sonniger Samstagnachmittag. Etwa 15 Männer, Frauen und Kinder spazieren mit Körben ausgerüstet in den Rankweiler Wald hinein. Sie sind Teilnehmer eines Pilzanfängerkurses der Inatura und suchen den Waldboden nach Pilzen ab. Ein Mann findet einen großen Parasol. Er reicht ihn Günter Rigo (49), der ihn begutachtet. „Ein echtes Prachtexemplar und ein sehr guter Speisepilz“, sagt Rigo. „Die Pilzsaison hat heuer wegen der Trockenheit spät begonnen“, sagt der Pilzsachverständige. „Nun schaut es jedoch gut aus.“ Er deutet auf die kleineren und größeren Exemplare, die aus der Erde wachsen. Davon werden wenige auf den Tellern landen, denn manche sind giftig, viele ungenießbar. „Im Land gibt es nur etwa zehn richtig gute Speisepilzarten“, erklärt Rigo.
Günter Rigos Interesse für die Welt der Pilze wurde vor sieben Jahren auch bei einem Anfängerkurs geweckt. Anschließend ließ sich der Feldkircher im Deutschen Pilzzentrum in Hornberg zum Sachverständigen ausbilden. Seither gibt er in Kursen sein Wissen an Interessierte weiter. „Mir ist wichtig, dass Pilze von der Bevölkerung als Genussmittel und nicht als Grundnahrungsmittel gesehen werden “, betont Rigo, der auch Obmann der Naturwacht Feldkirch ist. „Denn jeder Pilz, ob giftig oder genießbar, hat einen wichtigen Platz im Ökosystem“, erläutert er. „Einige Pilzarten leben in Symbiose mit Bäumen und Pflanzen. Dadurch findet ein gegenseitiger Austausch von Nährstoffen statt.“ Leider sehe er immer wieder, dass Pilze mutwillig zertreten werden.
Für die konkrete Artbestimmung braucht es Rigo zufolge einiges an Wissen und Erfahrung. Um Verwechslungen zu vermeiden, sollten zahlreiche Merkmale beachtet werden. „Wenn ich einen Pilz eindeutig als Speisepilz identifizieren kann, schneide ich ihn am Stiel ab. Oft liefert aber gerade die Stielbasis wichtige Informationen zur Unterscheidung ähnlicher Arten“, informiert Rigo. Zur Veranschaulichung dreht er vorsichtig einen Pilz aus der Erde und untersucht das untere Ende. Das im Waldboden entstandene Loch drückt er zu. Das verhindert laut Rigo das Austrocknen des unterirdischen Pilzorganismus. Jedes Exemplar, das Rigo zu Anschauungszwecken pflückt, legt er anschließend wieder zurück auf den Boden. „So kann sich der Pilz noch versporen“, sagt Rigo.
Der Standort ist ein wichtiges Indiz zur Pilzbestimmung. Rigo zufolge sollte man dabei auch auf die Pflanzen in der Umgebung achten. Zum Beispiel gedeiht ein Birkenröhrling am besten in der Nähe von Birken. Fliegenpilze befinden sich oft in der Nähe von Steinpilzen.
Rigo schneidet die Kappe eines Düsteren Röhrlings in zwei Hälften. „Dieser Pilz verfärbt sich, wenn man ihn aufschneidet“, informiert er und deutet auf die bläulich-schwarzen Stellen. „Das ist auch ein Erkennungsmerkmal bei manchen Arten.“ Ein modriger Geruch strömt den Kursteilnehmern in die Nase, als sie an dem Röhrling schnuppern. „Der schmeckt so, wie er riecht, ist also ungenießbar“, sagt Rigo und legt ihn zurück auf den moosigen Boden.
Verdacht auf Vergiftung
„Was tut man, wenn nach dem Verzehr von Pilzen Beschwerden auftreten?“, will eine Teilnehmerin wissen. „Beim Verdacht auf eine Pilzvergiftung muss sofort ein Arzt aufgesucht werden“, antwortet der Kursleiter. Häufige Symptome sind Durchfall und Erbrechen. Man sollte unbedingt Pilzreste, Essensreste und Erbrochenes sicherstellen. „Damit kann die Art des Giftpilzes bestimmt werden“, sagt Rigo.
Bei einer Fundbesprechung kontrolliert der Sachverständige noch einmal alle Pilze in den Körben der Teilnehmer. Dem Mann mit dem suppentellergroßen Parasol rät er, sich daraus ein Parasolschnitzel zu brutzeln. Die Teilnehmer gehen mit viel neuem Wissen nach Hause.